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Nelly Neppach

Tennisspielerin

geboren am 16. September 1891 in Frankfurt am Main – gestorben am 7./8. Mai 1933 in Berlin

  • Deutsche Tennis-Meisterin 1925

Nelly Neppach ist eine der ersten Tennisstars in Deutschland und eine der ersten deutschen Frauen überhaupt, die im internationalen Sport für Furore sorgt.

Mit 18 Jahren gewinnt die junge Nelly Bamberger, wie sie mit Mädchennamen heißt, ihr erstes Tennisturnier. Mit ihren kraftvollen Schlägen und ihrer Laufstärke katapultiert sich die gebürtige Frankfurterin, die 1919 nach Berlin übersiedelt und dort für Tennis Borussia spielt, rasch in die Spitzengruppe des deutschen Damen-Tennis. Doch hinter der überragenden Ilse Friedleben bleibt für sie zunächst meist nur der zweite Platz. Friedleben stammt wie Neppach aus einer jüdischen Familie und muss nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in die Schweiz fliehen.

Mitte der 1920er Jahre stehen die beiden Frauen unangefochten an der Spitze des deutschen Tennis. Bei den Deutschen Meisterschaften 1925 in Hamburg treffen sie zum vierten Mal in Folge im Finale aufeinander. Nach einem hart umkämpften Drei-Satz-Match geht Neppach erstmals als Siegerin vom Platz – und übernimmt mit dem Meistertitel auch die Führung in der nationalen Tennis-Rangliste.

Nelly Neppach steht damit auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Mit ihrer kampfbetonten Spielweise verkörpert sie ein neues Frauenbild und ist ein gern gesehener Turniergast in ganz Europa. Anfang 1926 erhält sie eine Einladung zu den Riviera-Meisterschaften im französischen Mentone. Neppach sagt zu – und ahnt zunächst wohl nicht, welch heftige politische Turbulenzen sie damit lostritt. Der Deutsche Tennis Bund (DTB) droht ihr umgehend mit dem Ausschluss vom Spielbetrieb, da sie ohne Genehmigung ins damals verhasste Nachbarland gereist sei. Als Neppach daraufhin übermittelt, sie habe niemals zuvor „einen wärmeren Empfang bekommen als von den Franzosen“, heizt sie die Wut der reaktionären Funktionäre noch einmal an. 

Nach ihrer Rückkehr erwartet Neppach ein vorläufiges Spielverbot durch den DTB. Das Schreiben des Verbandes ist durchzogen mit antisemitischen Untertönen. So wird der Sportlerin vorgeworfen, sie habe sich mit einem „Netzwerk aus befreundeten Federn“ umgeben, dem sie ihre Popularität verdanke. Wenig später darf Neppach zwar in den Spielbetrieb zurückkehren, kann jedoch nicht mehr an ihre alte Leistungsstärke anknüpfen. Im Sommer 1926 steht sie zum letzten Mal im Einzelfinale um die Deutsche Meisterschaft. 1932 liegt sie auf Platz neun der DTB-internen Rangliste.

Ein Jahr später wird der in vielen Bereichen latent spürbare Antisemitismus in Deutschland offizielle Politik: Bereits im April 1933 treten unter dem Druck der neuen Machthaber die meisten jüdischen Mitglieder aus dem Verein Tennis Borussia aus. Einen Monat später erklärt sich der DTB für „judenrein“.

Nelly Neppach muss erkennen, dass sie in Deutschland keine Möglichkeit zur Fortsetzung ihrer Karriere hat. Sportlich isoliert und von Depressionen geplagt, nimmt sie sich in der Nacht vom 7. auf den 8. Mai 1933 das Leben.

Ob der Ausschluss aus ihrem Sport tatsächlich das entscheidende Motiv für ihren Freitod ist, muss offen bleiben. Einen Abschiedsbrief gibt es nicht. Einige zeitgenössische Quellen spekulieren, Neppach habe sich das Leben genommen, um ihrem „arischen“ Mann – dem berühmten Film-Produzenten Robert Neppach – keine Schwierigkeiten zu bereiten. Viele Zeitungen gehen jedoch von einer direkten Verbindung zwischen dem erzwungenen Karriereende und ihrem Suizid aus. Sogar die New York Times widmet Neppach einen Nachruf.

Der Zeitschrift Tennis und Golf, dem offiziellen Verbandsorgan des DTB, ist die Erinnerung an dessen einstige Starspielerin nur noch einige Zeilen wert. Die Meldung findet sich in der Mai-Ausgabe von 1933 versteckt zwischen anderen Berichten: Mit der Formulierung, dass das Leben von Nelly Neppach ein „schnelles Ende“ genommen habe, erweckt sie den Eindruck, als handele es sich dabei um ein Problem, das sich schließlich von selbst gelöst hat.

Henry Wahlig