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Martha Jacob

Leichtathletin

geboren am 7. Februar 1911 in Berlin – gestorben am 13. September 1976 in Kapstadt (Südafrika)

  • Deutsche Meisterin im Speerwurf 1929
  • Englische Rekordhalterin im Diskus- und Speerwurf 1933
  • Europäische Meisterin der Makkabi-Vereine 1933 (Speerwurf, Diskuswurf)
  • Südafrikanische Meisterin im Speerwurf 1937

Martha Jacob wird die erste ausländische Trainerin einer britischen Leichtathletik-Nationalmannschaft der Frauen. Bis dahin ist es jedoch ein langer Weg. Die gebürtige Berlinerin lernt ihre Eltern nie richtig kennen – beide sterben noch in ihrem ersten Lebensjahr. Sie wächst bei nahen Familienangehörigen in einem gutbürgerlichen Milieu auf. Schon 1916 wird sie als Fünfjährige Mitglied im ältesten jüdischen Turnverein Deutschlands, bei Bar Kochba Berlin. Dort beschäftigt sie sich vor allem mit Turnen, Gymnastik und Tanz. 1924 wird sie zusätzlich Mitglied im Berliner Sport-Club (BSC), in dem auch Lilli Henoch trainiert. Hier entdeckt sie ihr Talent für die Leichtathletik, vor allem für die Wurf- und Stoßdisziplinen.

1928 wechselt sie zum Sport-Club Charlottenburg (SCC) und beginnt ein Studium an der Deutschen Hochschule für Leibesübungen in Berlin (DHfL). Als Mitglied der Demonstrationsgruppe der DHfL nimmt sie an den Olympischen Spielen 1928 in Amsterdam teil. Im Trikot des SCC feiert sie ihre größten Erfolge. Neben verschiedenen regionalen Titeln gelingt es ihr 1929, die Deutsche Meisterschaft im Speerwurf zu gewinnen. Diesem Sieg folgt die Berufung in die Nationalmannschaft für den Leichtathletik-Länderkampf gegen Großbritannien. 1931 nimmt Martha Jacob das Angebot an, die britische Nationalmannschaft der Frauen auf die Olympischen Spiele in Los Angeles vorzubereiten. Neben ihren Starts für den SCC bestreitet die praktizierende Jüdin auch Wettkämpfe für den jüdischen Verein Bar Kochba-Hakoah. So gewinnt sie 1932 bei den Leichtathletik-Meisterschaften des deutschen Makkabi-Kreises das Diskuswerfen.

1932 beendet sie ihr Studium als Diplomsportlehrerin. Ihre beruflichen Pläne werden durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten Anfang 1933 zunichtegemacht. Als der Antisemitismus in Deutschland zunehmend aggressiv wird und der SCC im April 1933 einen Arierparagrafen beschließt, verlässt sie Deutschland in Richtung London. Dort wird sie Englische Meisterin im Diskuswerfen, reist aber sporadisch auch nach Deutschland, um hier an jüdischen Sportfesten teilzunehmen.

1935 startet sie bei der 2. Makkabiah in Tel Aviv, einer internationalen jüdischen Sportveranstaltung ähnlich den Olympischen Spielen. Bei den Wettkämpfen in Palästina erringt sie drei Silbermedaillen. 1936 besucht sie ein letztes Mal Deutschland. Als sie von der Gestapo verhört wird, bestärkt dies ihren Entschluss, ihrer Heimat endgültig den Rücken zu kehren. Wenig später emigriert sie nach Südafrika. In der neuen Heimat arbeitet sie zunächst als Gymnastiklehrerin, treibt aber auch weiter Sport und wird Südafrikanische Meisterin im Speerwerfen. Schon kurz nach ihrer Ankunft lernt Martha Jacob ihren zukünftigen Ehemann Barney Shore kennen, mit dem sie zwei Töchter bekommt. Sie stirbt 1976 in Kapstadt. 

Seit 2008 erinnert im Vereinshaus des SCC eine Gedenktafel an dessen jüdische Mitglieder. Im Jahr 2014 gibt der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf einem Platz den Namen Martha-Jacob-Platz.

Berno Bahro

 

Weiterführende Literatur

Bahro, Berno: Martha Jacob – „Ich habe mich dem Sport verschrieben“, in: Bahro, Berno/Braun, Jutta/Teichler Hans Joachim (Hg.): Vergessene Rekorde – Jüdische Leichtathletinnen vor und nach 1933, Berlin 2010 (2. Aufl.), S. 77–88.

Bahro, Berno: Lilli Henoch and Martha Jacob – two Jewish Athletes in Germany before and after 1933, in: Sport in History 30 (2010) 2, S. 267–287.