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Gretel Bergmann

Leichtathletin

geboren am 12. April 1914 in Laupheim - gestorben am 25. Juli 2017 in New York

  • Britische Meisterin im Hochsprung 1934
  • Egalisieren des deutschen Rekordes im Hochsprung 1936: 1,60 Meter
  • US-amerikanische Meisterin im Hochsprung 1937, 1938
  • US-amerikanische Meisterin im Kugelstoßen 1937

Gretel Bergmann ist Mitte der 1930er Jahre eine Weltklasse-Hochspringerin. Zum Höhepunkt ihrer Karriere sollen deshalb die Olympischen Spiele 1936 in Berlin werden. Im April 1933 wird sie jedoch wegen ihrer jüdischen Herkunft aus ihrem Sportverein ausgeschlossen. Enttäuscht emigriert sie nach England, gewinnt dort 1934 die Britische Meisterschaft im Hochsprung und hofft auf eine Nominierung für das britische Olympiateam. Das NS-Regime droht mit Repressalien gegen ihre Familie und nötigt sie zur Rückkehr nach Deutschland, um sich dort auf die Olympischen Spiele vorzubereiten. Ihre Präsenz in der Olympiavorbereitung soll dem Ausland vorgaukeln, dass auch jüdische Sportler gleichberechtigt an den Spielen teilnehmen dürfen. Die Reichssportführung hofft, damit den drohenden Olympia-Boykott durch die USA und andere Staaten abzuwenden. 

Den tatsächlichen Start einer „Volljüdin“ bei den Spielen in Berlin möchte die Reichssportführung allerdings mit allen Mitteln verhindern. Trotz widriger Trainingsbedingungen gelingt es Gretel Bergmann nur vier Wochen vor den Spielen, den deutschen Rekord über 1,60 Meter einzustellen. Damit ist sie qualifiziert. Mit einer fadenscheinigen Begründung verweigert man ihr dennoch die Teilnahme und lässt ihren Startplatz frei. Ihr Traum, Hitlers Wahn von der Überlegenheit der „arischen Rasse“ durch einen Sieg im Berliner Olympiastadion ad absurdum zu führen, erfüllt sich nicht.

1937 wandert Gretel Bergmann in die USA aus und heiratet den ebenfalls emigrierten Arzt Bruno Lambert. Der Neuanfang ist schwierig, die Trainingsmöglichkeiten sind bescheiden. Dennoch gelingt es ihr, 1937 und 1938 die US-amerikanische Meisterschaft im Hochsprung, 1937 auch im Kugelstoßen zu erringen. Als Margaret Lambert bekommt sie mit ihrem Mann zwei Kinder und lebt im New Yorker Stadtteil Queens.

Spät, aber nicht zu spät, versucht der deutsche Sport, sich für das geschehene Unrecht zu entschuldigen. 60 Jahre nachdem die nationalsozialistische Sportführung ihr die Teilnahme an den Spielen verweigert hat, lädt Walther Tröger, der Präsident des Nationalen Olympischen Komitees, Margaret Lambert und ihren Mann ein, als Gäste des deutschen NOK die Olympischen Spiele in Atlanta 1996 zu besuchen. Drei Jahre später ist Margaret Lambert auch in Deutschland zu Gast – das erste Mal nach ihrer Emigration vor über 60 Jahren. Sie erhält in Frankfurt am Main den Georg-von-Opel-Preis und wohnt der Einweihung des Gretel-Bergmann-Stadions in ihrer Heimatstadt Laupheim bei. 1996 wird sie in die „National Jewish Sports Hall of Fame“ aufgenommen. Erst 2009 fügt der Deutsche Leichtathletik-Verband ihren Rekordsprung von 1936 seinen Statistiken hinzu.

Berno Bahro

Weiterführende Literatur

Bahro, Berno/Braun, Jutta: Berlin 36, Berlin 2009.

Bergmann, Gretel: „Ich war die große jüdische Hoffnung“. Erinnerungen einer außergewöhnlichen Sportlerin, Karlsruhe 2003.

Braun, Jutta: Gretel Bergmann, in: Bahro, Berno/Braun, Jutta/Teichler, Hans Joachim (Hg.): Vergessene Rekorde – Jüdische Leichtathletinnen vor und nach 1933, Bonn 2010 (2. Aufl.), S. 89–99.

Diederix, Claudia: Ausgegrenzt, ausgebootet, zur Flucht getrieben. Die Lebensgeschichte der jüdischen Hochspringerin Gretel Bergmann, in: SportZeit 1 (2001) 2, S. 5–30.